Die Beilackierung - Teil V

Januar 2015 ADAC Heft 1 - Auf die sanfte Tour

Mit Interesse verfolgte ich als ADAC-Mitglied den Beitrag „Smart Repair“. Die Kunst der Kleinstreparaturen von Lack und das lackschadenfreie Dellenbeseitigen ist seit Jahrzehnten ein praxiserprobtes Verfahren. Die „Dellendrücker“ sind da bewundernswerte Meister im Beulenverschwindenlassen. Der Smart Repair von Kratzern im Lack ist aufwendiger, das Ergebnis erst nach Trocknung und Polieren wirklich sichtbar. Deshalb ist diese Art der Lackreparatur immer irgendwie auch ein „Kann-super-aussehen-“ oder „Mach’s-nochmal-Resultat“.

Mich stört an dem Artikel die potentiell meinungsbildende Wirkung auf dessen Leserpodium. Aussage: Alles kann viel preiswerter repariert werden, der Kunde muss nur hart verhandeln. Andernfalls will a) der Reparateur möglichst viel Geld rausschlagen oder b) er hat's nicht drauf.
Dabei, nicht alles ist lackschadenfrei instandzusetzen möglich und die Lackreparatur von Kratzern hat auch ihre begründbaren Grenzen, die nicht nur das AZT, sondern auch der ADAC in seiner pdf-Broschüre vom Okt. 2014 beschreiben. Erstere raten ab, liegende Flächen anzulackieren, der Automobilclub stellt lediglich fest, dass bei solchen Flächen „Spot Repair schwierig ist“.
Preisangaben im ADAC-Test verwirren den Leser zusätzlich. Nicht hinterfragt wurde, WARUM eine Reparatur von zwei Dellen und einem Kratzer zum einen 80 €, zum anderen 220 kostet, wobei der Höchstpreis mit dem Adverb „saftig“ besonders negative Betonung erhielt. Im Video wird ein Kratzer mit Pinsel und Farbe ausgelegt. War das bei jedem Testkunden so oder wurde auch im Spritzverfahren gearbeitet? Hält sich der „Billigreparateur“ an den gesetzlichen Mindestlohn? War der Zeitpunkt der Reparaturannahme gerade ein sehr auftragsschwacher??? Vieleicht wird in einem Vierteljahr ja nochmals „nachgehakt“ und die Reparatur der sechs als gut befundenen Arbeiten einer optischen Wiederholungsprüfung unterzogen....

Aus werkstattseitiger Sicht

Unumstritten ist, dass das Beilackieren von Teilflächen, also das Lack-Smart-Repair auf liegenden Flächen ein Risiko ist. Fakt ist auch, dass für die Reparatur eine Garantiezeit gewährt werden muss. Und last not least muss sie so ausfallen, dass der Kunde diese auch als OK abnimmt und bezahlt. Schnell wird bei Motorhauben und Dächern was zweimal gemacht, mit der nicht so seltenen Folge, dass letztendlich doch das ganze liegende Teil komplett mit Klarlack überzogen werden muss. Und das alles für 80 bzw. 223 Euro? Dass wirtschaftlich arbeitende Betriebe mit hohem Qualitätsniveau manche Reparaturen lieber ablehnen, als mit zu erwartendem Minus zu arbeiten, sollte auch von jedem „Pfennigfuchser“ verstanden werden.


September 2015 Kürzungen, Kürzungen, Kürzungen

Ich habe mich in den zuvorigen Artikeln lediglich zu Verweigerungen der Bezahlung von Beilackierleistungen geäußert. Dabei ist das Vorgehen von versicherungsbeauftragten "Rechnungsdrückern" in den letzten Monaten wesentlich aggressiver geworden. Recht selten wird an Montageleistungen und Instandsetzungszeiten herumgeschnippelt. Umso mehr sind Kürzungen von Lackleistungen im Visier der prüfenden Assekuranz-Organisationen geraten.

Einleitend dazu muss ich erläutern, dass wir seit eh und je unsere Lackierleistungen flächenbezogen nach AZT abrechnen. Eine wesentlich gerechtere Abrechnung als beispielsweise die Kalkulation nach Herstellerwerten, welche bei gleicher Flächenbearbeitung oft erstaunliche Unterschiede ergibt. Für Kunststoffteile gibt es da nur eine Neuteil-Lackstufe. Das AZT differenziert hingegen in vier unterschiedlichen Arten, wie die Rohteilbearbeitung und -beschichtung erfolgt. Und das Allianz-Zentrum für Technik hat für jeden dm² Fläche entsprechend der eingesetzten Lackstufe und Lacksystems einen Materialwert hinterlegt, der unabhängig vom Stundenverrechnungssatz des Reparaturbetriebes ist. Prozentbezogene Materialberechnungen bei Kalkulationen nach Herstellervorgaben bedeuten: Hoher Stundenlohn, höherer Lackmaterialerlös, niedriger Stundenlohn - reduzierter Materialpreis.

Die Beauftragten zur Bearbeitung von Werksgarantieansprüchen wissen darum sehr genau. Den eingereichten Kostenvoranschlag kann man sich eigentlich sparen, denn der kommt  postwendend immer gekürzt in Lohn und Material zurück. Und die Prüfbeauftragten haben seit einigen Monaten zunehmend ein neues Einsparpotenzial ausgemacht....

                    Willkürliche Kürzungen von Reparaturrechnungen

Die willkürliche Beschneidung des AZT-Materialindex

Zwei Beiträge von ColorNews beleuchten das Thema sehr ausführlich. In dem schon im Februar 2o13 erschienenen Artikel geht es um die Unrechtmäßigkeit des Verlangens seitens einiger Assekuranzen, die Kalkulation des betrieblichen Lackmaterialindexes offenzulegen. Dieser als auch der Stundenverrechnungssatz sind in einer freien Marktwirtschaft auf Grundlage der betrieblichen Kosten auch frei kalkulierbar und unterliegen keiner gesetzlichen Nachweispflicht. Und nicht zuletzt bleibt die Frage: Warum ist dieser Index überhaupt veränderbar, wenn Versicherungen nur EINEN voreingestellten Wert akzeptieren möchten?

Im September nun ein zweiter Artikel, der die angestiegene Aggressivität der auf Kostensenkung getrimmten Prüforganisationen widerspiegelt. Die Methode ist einfach: Es wird so viel gekürzt, dass es sich nicht seitens der betroffenen Betriebe lohnt, deshalb einen Anwalt einzuschalten. Die meisten wehren sich nicht und hier liegt der knallhart kalkulierte Gewinn der Versicherer. Leider können Sie den Colornews-Artikel "Liebe Prüfdienstleister, das geht gar nicht!" nicht mehr nachlesen, denn dieser ist aus dem WorldWideWeb genommen (Rev. 09-2020).

Im Oktober 2015 dann doch ein erster Erfolg: Die ControlExpert erklärte, in Zukunft keine Kürzungen im AZT-Lackindex mehr vorzunehmen. Altere Kürzungen werden rückwirkend aufgehoben. Angeblich hatte die Prüforganisation die Information vom Allianz Zentrum für Technik, dass der AZT-Lackindex grundsätzlich alles beinhaltet, was bei der Berechnung des Materialeinsatzes notwendig ist. Das möge richtig sein, denn an diese Info kann ich mich selbst erinnern, ausführlich vorgetragen von Herrn Hermann des AZT auf einem UCS-Seminar im März 2007! Die Frage, warum denn dann der Index überhaupt veränderbar wäre, blieb bislang unbeantwortet.

Ein kleiner Fortschritt auf dem Weg zu mehr Gerechtigkeit! Und trotzdem heißt es: Bei ungerechtfertigten Kürzungen - dran bleiben und sich wehren....  

Denn es geht hier nicht um Peanuts sondern um Methoden, die zunehmend zur gängigen Praxis werden könnten, wenn wir Handwerker uns nicht geschlossen dagegen wehren!

                                   Die Story geht weiter....    Lesen Sie auch den 5. aktuellsten Teil


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