Die Beilackierung - Teil II

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Sie haben nun erfahren, dass der sicherste Weg zu einer unsichtbaren Reparatur der fließende Übergang von Neu in Alt bedeutet, den wir Lackierer in der Fachsprache das „Beilackieren“ nennen. Nur dieser Flow garantiert unter allen Lichtverhältnissen und nach Jahren der Alterung und der damit verbundenen farblichen Veränderung von Pigmenten und Farbstoffen, dass zu keiner Zeit Farbtonunterschiede auffällig werden. Die größte Problematik stellen da auf Grund ihrer zusätzlichen Anreicherung mit dem Auge sichtbaren Substraten der unterschiedlichsten Formen die Effektlacke dar. Das wird nun langsam auch von Gerichten anerkannt und belegt, deren Urteile sich auch das Versicherungswesen nicht mehr leugnend entgegenstellen kann. Wie sieht es aber mit Unilacken aus, die KEINE Effektpigmente enthalten?

Nun, fast jeder Gutachter, so wurde es ihm (zwar wider der Logik, Physik und Chemie) beigebracht, wird ein Einlackieren in benachbarte Teile ablehnen. Und Kontroll-Institutionen streichen solche Arbeitspositionen rigoros aus den eingereichten Rechnungen. Ist da nur das immerwährende Profitstreben der Handwerker  zu vermuten, oder steckt mehr dahinter?

Ist Weiß wirklich kein Problem?


Jahrzehntelang wissen wir um die Eigenarten bei weißen Farbtönen. Aber erst kürzlich, als wir dreimal zur Pistole greifen mussten , sah ich mich veranlasst, auch Unifarben eine Artikelerweiterung zum Thema Beilackieren zu widmen. Jahrelang hatten wir beobachtet, dass Farbtonmessungen oftmals ein Weiß ergaben, welchem etwas Gelbanteil fehlte. Den Grund sahen wir darin, dass der grelle Lichtblitz zu einer überstrahlten Reflexion der gemessenen Farbe führt, welcher dann zu hell und mit Gelbmangel berechnet wird. Das mag zum Teil auch stimmen.  Die Erkenntnisse der letzten Jahre und insbesondere der hier geschilderte Fall bewiesen – Untergrund, Deckkraft des Reparaturlackes und dessen Schichtdicke sind entscheidend. In Kürze will ich nun den Fall schildern, bei dem es um das Lackieren eines neuen Kotflügels ging:

  • KTL-grundierter Kotflügel im Anlieferungszustand vom Autohaus, 1
  • Kotflügel zum Lackieren vorbereitet und auf Lackierständer befestigt
  • Nass-in-Nass-Füller im ValueShade 1 (weiß) spritzfertig eingestellt (Härter und Additive)
  • Musterblech in eben diesem Füllerton analog zum Kotflügel mitgespritzt wird, um negative Einflüsse des Untergrundtones auszuschließen
  • Das gefüllerte Musterblech wurde lackiert, Klarlack drauf und abgeprüft, Farbton OK
  • Kotflügel mit dem Farbton und in gleicher Anzahl der Spritzgänge lackiert, 2
  • Beim Anbau Farbtonunterschied festgestellt, irgendwie zu grau, es fehlt der leichte Gelbanteil, so auch zum Musterblech
  • Kotflügel noch einmal geschliffen, erneut zum Lackieren aufgebaut
  • Kotflügel mit noch zwei Spritzgängen nachlackiert, Klarlack drauf
  • Bei Ansetzen an die Karosse zwar eine Verbesserung, aber eben nicht wirklich passend
  • Tür nun angeschliffen und abgeklebt, 3
  • Vorgespritzten Kotflügel zum Erreichen eines einheitlichen Farbtones ans Auto geheftet, 4
  • Grenzbereich beider Teile so lange gespritzt, bis auch im Basislack kein Farbunterschied auszumachen war - Ergebnis 5

Wie kann es sein, dass zwei Spritzgänge auf ein Karosserieteil anders aussehen als derer zwei auf ein Musterblech? Die Antwort, die wir uns gaben ist denkbar logisch zu verstehen

Menschen sind keine Robots
und deshalb nicht in der Lage, eine gleiche Schichtdicke im manuellen Spritzverfahren aufs Mikron genau (tausendstel Millimeter) zu gewährleisten. So wurde höchstwahrscheinlich das Musterblech mit dem weißen Füller ganz leicht anders gespritzt (bis eben der schwarze Kontrollstreifen nicht mehr sichtbar war) als der schwarz vorgrundierte Kotflügel, der ja KEINE Markierung zur Kontrolle der Deckkraft hatte. Obwohl bei beiden zwei Spritzgänge appliziert wurden. Die Folge: Der nicht so wie auf dem Muster applizierte weiße Füller hatte Einfluss auf das Farberscheinungsbild des darauf folgenden Decklackes.
Die ernsthafte weitere Frage, die bleibt, ist die, wer die Kosten für den Mehraufwand trägt.

  Collage weißer Kotflügel

Diese Erkenntnis führte in unserer Firma zu folgender Verfahrensweise für die Zukunft: 1. Das Musterblech wird immer flächenanliegend mit dem abgebaut zu lackierenden Anbauteil montiert und gefüllert. 2. Nach Möglichkeit und um ein Zwei- und Dreimalmachen zu vermeiden wird in das benachbarte Teil einlackiert (hierzu ist es förderlich, das Anbauteil abgebaut mit zwei Basislackgängen vorzuspritzen, dann an die Karosserie zu heften und die Angrenzzonen, bis kein Farbunterschied erkennbar ist, weiter zu besprühen).


Gelbe bis leuchtend orange Farbtöne

   

Gelb reagiert ganz stark auf Verunreinigungen. Wir kennen das Phänomen ja noch aus der Schulzeit. Im Tuschkasten nur einmal mit einem nicht ganz sauberen Pinsel ins Gelbnäpfchen gegangen und die Farbe war für die nächste Zeit versaut. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass solche Autofarbtöne, in deren Mischrezeptur sich winzige Anteile von Schwarz, Blau, aber auch Oxidrot befinden, äußerst sensibel auf eine Fehleinwaage reagieren.  Und die ist schnell gegeben, wenn z.B. in 0,3 l nur 0,16 g Schwarz hineingehören.

Faktor Waage
Die Waage selbst zeigt nur eine Stelle nach dem Komma an: 0,16 wird somit auf 0,2 aufgerundet. Und wenn dann noch die Waage nicht mikrofein reagiert, ist die Katastrophe vorprogrammiert. Abhilfe ist dann meist nur einen ganzen Liter zu mischen, auch wenn ein Dreiviertel davon über bleibt. Das ist aber nur das EINE Problem. Hinzu kommt der

Faktor Deckkraft
Die zweite erschwerende Komponente ist die mindere Deckkraft solcher Farben. Ein homogener Untergrund ist da die primäre Grundvoraussetzung. Wir lackieren sogar mit unserem ValueShade Füller in die benachbarten Teile fließend ein, damit dies uns auch einen sauberen Flow des Decklackes in die Altteile ermöglicht und nicht durch dessen Originallack verfälschend beeinflusst wird. Gelb und bestimmtes transparentes Orange wird bei uns nur in Verbindung mit dem Einlackieren in angrenzende Teile repariert. Nicht zur vernachlässigen wäre dann noch der

Faktor Farbstabilität
Gelbanteile und eigentlich nur diese, neigen, wenn sie einige Zeit (Monate oder Jahre) der Sonne ausgesetzt sind, zum Herausdiffundieren. Der Farbton verändert sich ins komplementäre. Ob Farbmessgeräte da wirklich ein Segen sind? Last not least ein Phänomen, welches ich so deutlich nur einmal in meiner 47-jährigen Praxis erlebte. Anfang der 90-er Jahre lackierten wir unten herum einen mit Spoilern und Verbreiterungen getunten Ford Transit der Firma Beckhusen in ADAC-Gelb. Als ich mich schrittweise beim Nuancieren dem Originalton näherte und meine Fingertupfer mit dem Fön trocknete, veränderte sich der Originallack und wurde rötlicher. Keine Chance, mit unseren Mischfarben die „Thermolack“-Eigenschaften der Werkslackierung nachzuahmen. Was auf der Rechnung zur Bemerkung führte: „Auf Grund nicht nachzustellender Pigmentierung passt der Farbton der Reparaturlackierung nur in einem Temperaturbereich von 15-25°C!“

 

Schwarz im Fokus des Betrachters

   

„Nu mach‘ aber mal halblang!“, wird dieser oder jener Leser jetzt sagen. Schwarz sollte doch nun wirklich „popeleinfach“ sein. Mitnichten! Schwarz kann bräunlichen oder bläulichen Charakter haben, was im Schatten überhaupt nicht auffällt. Unter der Tageslichtlampe oder bei vollem Sonnenlicht mustern wir die Schwarztöne ab. Und das eigentlich nur per Auge!
Farbmessgeräte sind da keine Hilfe! Oft gemessen und dann drei Ergebnisse bekommen, die alle laut grünem Smiley perfekt passen sollten. Ein Blick in die Rezepturen lässt erfahren: Das eine Schwarz beinhaltet Weiß, das andere Oxidgelb und Oxidrot und eine Variante enthält NUR Mischschwarz. Na hallo! Da kann doch was nicht stimmen. Gespritzt sehen die Farben dann auch ganz unterschiedlich aus!!! Erklärung: Farbmessgeräte sind heutzutage bei dunklen Farben immer noch recht unzuverlässig. Denn wo wenig Licht reflektiert wird, gibt es halt wenig zum Auswerten und Korrigieren. Die Ergebnisse sind dann eben nur so „ungefähr“!

 

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