Ein Buckel-Volvo durch Raum und Zeit

Laut Wikipedia ist Leidenschaft eine das Gemüt völlig ergreifende Emotion. Sie kann Formen der Liebe aber auch des Hasses umfassen. Im heutigen Sprachgebrauch ist sie meist positiv betont und hat mit ihrem eigentlichen Stammwort „leiden“ nichts mehr gemein.
Herr Lehmann hat mindestens drei große Leidenschaften. Die eine beinhaltet die allumfassende, große Liebe zu seiner Lebensgefährtin (irgendwie denke ich dann immer sofort auch an John Lennon), die zweite heißt Modelleisenbahn, und zwar eine, die den ganzen Garten durchfährt und deren Hangartor abends das Kellerfenster ist. Die dritte Leidenschaft, Sie werden es ob unserer Präsentationen schon ahnen, gehört Sverige und dessen „most famous car“ - dem Volvo.

Buckel-Volvo frontal

Leidenschaft beflügelt auch die Phantasie, und von dieser Eigenschaft besitzt der Künstler nicht nur ein paar Löffel! Wir schrieben das Jahr 1982. Zusammen mit dem Autoeigentümer, der zufällig auch Nachbar der Lehmanns war, entstand die tolle Idee, eine Zeitreise der fahrenden Schwedenlegende durch die Epochen der Menschheitsgeschichte eben auf gerade dessen Blechkleid zu zeichnen und zu sprühen. Die Basis ist somit ein PV444 L Modell, Baujahr 1957, und der angehende Meister der Airbrushes versuchte sich zunächst mal an einem Teil, welches sich gut abbauen und in einer Garage bearbeiten ließ - der Kofferklappe....

To good to be forgotten

Der Wahrheit halber möchte ich nicht verschweigen, dass dieses hier abgebildete Fahrzeug nichts mit unserer Firma zu tun hat. Es unterstreicht den künstlerischen Werdegang unseres Freundes Detlev M. Lehmanns. Als dieser im Oktober 1984 seine Kreativität dem Lackierbetrieb von Peter Bolle in der Pflügerstraße (Berlin-Neukölln) zur Verfügung stellte, wurde das vor zwei Jahren begonnene Projekt auf Grund der nun wesentlich besseren Arbeitsvoraussetzungen, als eine Garage sie bot, wieder aufgenommen. Bolle, nee, nicht den Sohn von Paul Panzer, sondern Peter Bolle, den Lackierermeister, möchte ich hier hochachtungsvoll namentlich erwähnen, denn ohne die Bekanntschaft mit dieser Firma hätte ich den „Luftpinsel-Lehmann“ vielleicht nie kennengelernt. Man kam mit dem Autobesitzer überein, dass die Gestaltung einschließlich Lackierung kostenlos erfolgen könnte, wenn das Auto als Werbeträger durch die Straßen des damals noch ummauerten West-Berlins rollen würde. Wer hätte da wohl abgelehnt? Und so brushte und lackierte man bis ins 85er Jahr hinein.

Nach einem Unfall kaufte Bolle das Auto auf und man reparierte es wiedr. Doch auch an gutem Schwedenstahl nagt das Oxygen. Irgendwann setzte der Karosse der Zahn der Zeit dermaßen zu, dass man sich schweren Herzens davon trennte. Soweit wie Herr Lehmann weiß, war ein Kneipenbesitzer der letzte Nachbesitzer. Danach hörte man noch, dass jemand die lediglich die Tür mit dem Riiterturnier drauf im Internet ersteigert hatte und sie als „Echten Lehmann“ eine Wand schmücken ließ.
Peter selbst (Ähnlichkeiten mit Namensvettern sind rein zufällig) weilt schon lange nicht mehr unter uns, aber seine Lackiererei und auch sein Slogan „Mit Beule zu Bolle“ lebt weiter, allerdings an einem anderen Standort....

Nun ist die Story gerade dieses Autos so herzergreifend lustig, dass es eine Schande wäre, wenn sie mang anderen Bildern in dicken Fotoalben vor sich hindümpeln würde. Bis dann ein Nachkomme aufräumt, keine Beziehung zu diesen Sammelbänden empfindet und sie in der Papiertonne landen. Drum sei es uns erlaubt, Ihnen, werter Besucher diese Artikels, etwas Schmunzeln ins Antlitz zu zaubern.

Wer hätte DAS gedacht,

dass die Planung des Volvos bis in die Steinzeit zurückreicht? Zwar kannten unsere Urvorfahren den Glöckner von Notre Dame nicht, aber buckelförmige Fortbewegungsmittel konnte man sich schon mal sehr gut vorstellen, was der hier rechts als Button eingefügte Bildausschnitt der Motorhaube (die Kollegen Designer mit ihrem Planungsentwurf an der Höhlenwand) beweist. Wir sehen "Frischfleisch" transportierende Zeitgenossen und ja - es gab auch schon die ersten Garbage Dumps (Müllhalden).

                       Urmensch

 

  Motorhaube
Eine vergammelte Waschmaschine, wahrscheinlich für Lendenschurze und Fellumhänge entwickelt, lukt hervor und folgerichtig, da kaputt, heißt sie auch nicht „constructa“ sondern „destructa“! Zeitungsmänner hatten es übrigens damals auch nicht leicht, wie die „Bild“-Ausgabe auf 'ner Steintafel es vermuten lässt.

 

Neueste Forschungen ergaben:

Vor der langweiligen Sphinx mit ihrer abgeschossenen Nase muss in Gizeh auf deren Platz ein anderes Monument gestanden haben. Richtig!
Der Buckel-Volvo! In majestätischer Größe, ordentlich von ägyptischen Steinmetzen aus sorgsam angepassten Steinblöcken zusammengesetzt und oberflächenbearbeitet. Offensichtlich hatten sich auf Herrn Lehmanns Reise „Back to the Past“ auch zwei Gallier in seine Zeitmaschine geschmuggelt. Die zwei, welche ihren Auftritt erst im Zeitalter des Römischen Imperiums haben sollten, habe ich, nach zweimaligem Anfragen in Frankreich im Mai 2017, herauslöschen müssen. Frau Dubois hatte offensichtlich keinen Sinn für Lustiges, auch als ich beteuerte, dass dieser Beitrag lediglich der Unterhaltung und keinesfalls kommerziellen Zwecken dienen sollte. Naja....

                       Sphinx

Mit Nieten, Federbusch und Lanze
   


ging's in den Kampf.
Auf dem Weg in jüngere Zeiten durchlebte der Buckel-Volvo die abenteuerlichsten Wandlungen. Wie in der Szene des Mittelalters zu sehen ist. Herr Lehmann wurde Zeuge eines laufenden Ritterturniers. Schon damals gab man sich fortschrittlich und hatte Sinn für Technik. Die damaligen Formel-1-Piloten saßen am Lenkrad von federbuschgeschmückten Volvo-Kampfkarossen aus erprobtem Schwedenstahl.

                       Das Turnier


MIG-Löten und MAG-Schweißen war noch nicht erfunden. Reparaturfreundliche Nietverbindungen hielten Blechkleid und Lanze zusammen.

Ein aufmerksames Auge bemerkt noch mehr: Gewisse Losungen widerspiegeln auch damals die bohrenden Zeitfragen und -probleme. Mit der Rechtschreibung scheint nicht nur unsere heutige Young Generation Probleme zu haben. Das gab's offensichtlich auch im „Dark Age“ ist in fataler Weise unserer Gegenwart ähnlich. Aber es gab ja eben damals noch keinen Duden. Aus „God save the King“ konnte dann auch mal schnell „God SHAVE the King“ werden, obwohl wir nicht glauben, dass Gott mit einer Gillette Mach 3 je an einen König herangetreten wäre.

OK, an das „Plakate ankleben verboten!“ hat man sich offensichtlich gehalten. Rechts in der Ecke der königlichen Tribüne hatten Öko-Gegner ihre Meinung kund getan: „Wasserkraft - nein Danke“. Und noch weiter in die Richtung wird bekannt gegeben, dass Robin Hood klaut....

Auch für andere Wehwehchen hielt das Mittelalter, wie dessen Name es selbst schon ausdrückt, sehr wirksame Mittel bereit. Die Wurzeln der Namensgebung für die heutige Kopfschmerztablette liegt somit eindeutig ein gutes halbes Jahrtausend zurück. Am Sockel des Schafotts lesen wir: „Wir wissen nicht, was dieser freundliche Henker empfiehlt. Wir empfehlen bei Kopfschmerz SPALT.“

 
Sprüche
                       Turnier 2
   
Das Beste kommt zum Schluss
   


Aber nicht immer! Der kalte Krieg schwebte zur Zeit des Entstehens der Volvo-Motive wie ein Damoklesschwert über den Köpfen der Menschheit. So ist verständlich, dass damals das logische Ende des Homo Sapiens auf dessen Selbstzerstörung durch atomare Waffen prognostiziert wurde. Irgendein Irrer hatte den Roten Knopf gedrückt. OK, auch um das Jahr 2018 ist die Menschheit nicht gescheiter geworden und die Verrückten sind mehr und mehr auf dem Vormarsch. Rüstung wird wieder angekurbelt. Der Europagedanke verfällt bei vielen, der Ruf nach Austritt aus der EU wird lauter und ein Großteil der Erdbevölkerung der „reichen“ Länder liebäugelt mit dem „Nationalitätsgedanken“. Hatten wir schon mal! Und zum Schluss sah's ähnlich in Europa aus, wie im Bild der Heck-Szene des „Buckels“.
Geblieben ist das Trümmerfeld einer Kultur, die sich selbst als „höchste Schöpfung des Lebens“ bezeichnete, es jedoch nicht schaffte, ob seiner „Intelligenz“ den eigenen Untergang abzuwenden. Als Hohn des Ganzen erhebt sich über der rauchenden Landschaft das Symbol durchgestylten Fastfoods – McDonald. Und der letzte Buckel-Volvo!

                   Weltende
Zwar steht eine Apokalypse für gewöhnlich am Ende einer Story, wie sie das auch in unserem Beitrag sein sollte. Kurioserweise fing man an, das Pferd von hinten aufzuzäumen, ist doch die Szene des Weltunterganges das älteste Mural am Fahrzeug, weil eben auf der abschraubbaren Kofferklappe. Detlevs einstiger Nachbar, Spitzname Matze, hat das Ende seines Schwedentraumes auf Rädern nicht mehr miterlebt. Mit bewundernswerter Standhaftigkeit und Humor wartete er in einem Hospiz auf sein Ende. Mit gerademal 45 Jahren! Der Hirntumor gab ihm keine Chance….

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